An sich bin ich ja ein sehr geduldiger Mensch. Sonst hätte ich in meinem Beruf ja auch ein Problem. Aber manchmal, da könnte ich… grrrrr… also, da könnte ich die Schüler an die Wand klatschen. Nicht wirklich, denn das gibt hässliche Flecken, aber in Gedanken – ja, da werfe ich hin und wieder schon mal einen… oder mehrere.
Um diese Gedanken ein wenig zu veranschaulichen, folgt nun eine kleine Episode, die sich so vorigen Freitag zutrug:
Ich sprang für einen Kollegen als Aufsicht für eine Englisch-Schulaufgabe (5. Klasse) ein. Der Kollege gab der Klasse vorher eine klare Anweisung, dass während der Schulaufgabe nur 5 Fragen – egal welche – erlaubt seien. Sie sollten sich also gut überlegen, was sie fragen.
In den ersten zehn Minuten waren offenbar alle Schülerchen so mit ihrer Arbeit beschäftigt, dass sie das Fragen vergaßen. Doch dann ging es los:
Frage 1: „Darf ich was trinken?“ – Ich: „Ja.“
Frage 2: „Ich verstehe den Text nicht. Können Sie ihn mir erklären?“ – Ich (etwas irritiert ob des seltsamen Anliegens): „Nein, sorry!“
Frage 3: „Wenn man was falsch hat, gibt es dann Punktabzug?“ – Ich (noch mehr irritiert, weil die Frage so absurd war): „Ja, klar!“
An dieser Stelle erinnerte ich die Klasse, dass sie nur noch zwei Fragen stellen dürften. Nach einer Weile:
Frage 4: „Wenn man was falsch hat, gibt es dann Punktabzug?“ – Allmählich begann ich in Gedanken schon wieder, besagtem Schüler den Hals umzudrehen. Als Antwort verwies ich auf Frage Nr. 3.
Kurz darauf meldete sich ein Schüler. Ich sagte: „Das ist die letzte Frage. Bist du sicher, dass sie wichtig ist?“ – Der Schüler: „Ja. Kann ich aufs Klo?“
Einerseits muss man ja froh sein, wenn die Schüler an der Arbeit nichts auszusetzen haben, sondern nur ihre tiefsten Bedürfnisse und Wünsche stillen möchten. Aber andererseits frage ich mich (das ist dann Frage Nr. 6, die aber wirklich wirklich wichtig ist): Warum denken Schüler nur oberflächlich und können Wichtiges nicht von Unwichtigem unterscheiden? Das würde uns die Arbeit sehr erleichtern. Und unsere Geduld würde nicht immer bis an die Grenzen gebracht werden.